Ein Bericht von David Burmeister, projektleitende Lehrkraft an der Deutschen Schule Mexiko-Stadt Campus Süd.
Erinnerungsformen in Mexiko hinterfragen und neu sichtbar machen
Die letzte Phase unserer Projektarbeit konzentriert sich auf Mexiko und der Frage, wie man in Mexiko an bestimmte historische Momente, Ereignisse und Personen erinnert. Geprägt von den vielen Monaten der digitalisierten Arbeit (sehr viele Video-Konferenzen) war es uns als Projektgruppe wichtig, die kritische Auseinandersetzung mit den wandelnden Formen kollektiver Erinnerungen im öffentlichen Raum in Mexiko-Stadt und an unserer Schule fortzuführen und dafür professionelle Unterstützung von außen zu bekommen. Der abschließende Teil der Projektarbeit knüpft an die Recherchen und Ergebnisse des Projektanfangs an, als es darum ging, Erinnerungsorte, deren Bedeutung und Wirkung darzustellen und zu erklären. Der Kreis schließt sich somit langsam.
Unterstützung durch das Projekt „Gestaltung der Vergangenheit / MODELANDO EL PASADO„
Für den letzten Teil der Projektarbeit konnten wir auf die Unterstützung durch das Projekt Gestaltung der Vergangenheit zählen. Dieses multidisziplinäre Projekt, welches eine Kooperation von Goethe-Institut, Monument Lab und der Bundeszentrale für politische Bildung ist, bringt Erinnerungsarbeitende aus mehreren Städten Nordamerikas und Deutschlands zusammen, die innovative Wege beim Bau und der Sanierung von Denkmälern in ihrem jeweiligen lokalen Kontext beschreiten.
Zwei Stipendiaten dieses Projekts, Sergio Beltrán-García und Thalia Fernández Bustamante, stammen aus Mexiko und arbeiten an der innovativen Darstellung von gegenwärtiger Erinnerung in Mexiko. Ihr Ziel ist, die mexikanische Denkmallandschaft zu verändern und vergessenen Akteuren aus Geschichte und Gegenwart einen neuen Platz im öffentlichen Raum zu verschaffen.
Sergio Beltrán-García Thalia Fernández Bustamante
Online-Seminare mit Künstlern und Aktivisten
Diese beiden mexikanischen Stipendiaten haben im Juni drei Online-Seminare für uns, unsere Partnerschule in Berlin und die Projektgruppe des Campus West Mexiko-Stadt angeboten. In Zusammenarbeit mit den Stipendiaten soll nun ein digitaler oder auch realer Erinnerungsort konstruiert werden, der Gegenwart und Vergangenheit verbindet sowie Anstoß zum kritischen Nachdenken bietet.
Sergio Beltran-Garcia gestaltete das erste Online-Seminar (Modul1). Er ist Architekt, Aktivist und Wissenschaftler in Mexiko-Stadt. Beltran-Garcia beschäftigt sich mit ästhetischen und politischen Praktiken zur Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen und ihrer rechtlichen Verfolgung. Erinnerung bildet hierbei den Ausgangspunkt seiner Arbeit. Im Zentrum seines Engagements steht die Aufklärung von Erinnerungspraktiken in Mexiko, die aufgrund ihrer Konzeption Unrecht und Verletzung von Menschenrechten in der Darstellung erneuern und nicht mit ihnen brechen. In seinem Seminar präsentierte uns Beltran-Garcia seine monumentale Erinnerungskonstruktion „The Dispersed Memorial“, die in Mexiko-Stadt an Opfer jeglicher Art erinnern soll. Vorgeschlagen wird ein kostengünstiges, modulares und multimediales Denkmal, das von uns selbst zusammengebaut werden kann.
Thalia Fernández Bustamante ist Künstlerin und Aktivistin und setzt sich vor allem für Menschenrechte ein. Sie gestaltet das zweite Online-Seminar (Modul II). Sie gehört zur indigenen Gemeinschaft der Otomí in San Francisco Xochicuatla im mexikanischen Verwaltungsbezirk Lerma und wurde in der Stadt Toluca geboren. Durch ihre Arbeit möchte sie für den Widerstand ihrer Gemeinschaft gegen den staatlichen Bau einer Autobahn und die damit einhergehende Zerstörung von Waldgebieten Aufmerksamkeit erzeugen. Mit uns diskutierte Fernández Bustamante viel über diese für ihre Arbeit zentralen Themen Land- und Territorialverteidigung. Damit ist auch die Bedeutung der indigenen Gemeinschaft in Mexiko in unser Projekt eingeflossen.
Das Projekt wird gefördert im Rahmen des Wettbewerbs „Erinnern für die Gegenwart“. Deutsche Auslandsschulen und Deutsch-Profil-Schulen setzen sich mit ihrer Schulgeschichte und dem historischen Umfeld der Schule auseinander. Wie hat man sich verhalten gegenüber Kolonialismus, Nationalsozialismus, Diktatur oder Menschenfeindlichkeit? Ziel ist, Erinnerungskultur, Toleranz und Demokratieverständnis zu stärken und auch auf heutige Formen der Diskriminierung aufmerksam zu machen. Schülerinnen und Schüler sind an der Projektentwicklung zentral beteiligt.
„Erinnern für die Gegenwart“ ist eine Initiative von Bundesaußenminister Heiko Maas und wird umgesetzt von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ).
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